Jetzt musst ich mich doch mal zwingen mich aus meinem gerade so wahnsinnig stressigen Lebensstil (bestehend aus Schlafen, Trinken, Musikhören, Schlafen, Essen, chillen,…) zu befreien und etwas für die Nachwelt zu hinterlassen: Einen Bericht über einen 5-Tagestrek im Nationalpark Nahuel Huapi, der an das argentinische Bariloche angrenzt.
Der Nationalpark Nahuel Huapi (gesprochen: “Naael Wuapie”) ist einer der ältesten Nationalparks Argentiniens und liegt mittem im so genannten Seengebiet umringt von unzähligen Vulkanen und anderen Bergen der Cordillera de los Andes (Andenkette). Die Landschaft dort ist ein Mix zwischen zerklüfteten Vulkangestein, (teilweise noch aktiven) schneebedeckten Vulkanen, alpenähnlichen Berglandschaften gespickt mit (von Gletschern gespeisten) Gebirgsseen und türkiesblauen Seen. Ein Traum 🙂
Im direkt angrenzenden Bariloche – im Winter ein Wintersportparadies, im Sommer ein Wanderparadies – lässt es sich auch gut aushalten. Alles zwar sehr touristisch (zumindest im Zentrum – verlässt man das Zentrum steht man auf einmal zwischen Wellblechhäusern und Müllhalden), aber es wird auch viel geboten. Bariloche ist berühmt für seine gute Schokolade, die sie von den Schweizern geklaut haben. Man findet unzählige Schokoladerien mit noch unzähligeren (:D tot töter am tötesten….) Geschmacksvarianten. Im naheliegenden Dörfchen Colonia Suiza, der schweizer Kolonie, kann man nette schweizer Architektur bewundern, selbstgebrautes Bier schlürfen und sich mit Käse-Fondue sättigen. Fast wie zuhause also 🙂
Eigentlich hatte ich gar nicht geplant den Trek zu machen, hatte aber gute Sachen darüber gehört und bin so also einen Tag nach meiner Ankunft in Bariloche und einer Nacht mit wenig Schlaf (Winetasting im Hostel) mit zwei Holländern aus meinem Zimmer zum Park aufgebrochen. Die beiden wollten nur einen Tagestrip machen, der an einer Berghütte, dem Refugio Frey, vorbei führt. Von dort kann man den Trek dann weitere 4 Tage fortsetzen. Das nette an dem Trek ist, dass man theoretisch jeden Tag nach Bariloche zurückkehren, den Trek also abbrechen kann. Nach jedem Tagestrip nächtigt man an einem Refugio von welchem ein Weg ins Tal führt.
Leider hab ich im MOment keine Karte von dem Trek. Im Internet finde ich nur die ersten beiden Tage und meine Karte hab ich nem kanadischen Pärchen gegeben und vergessen mir wieder geben zu lassen 😀
Ich poste einfach viele Bilder und kommentiere das Ganze an den Bildern 🙂
Tag 1 – von Villa Catedral nach Refugio Frey
Mit dem bus gings von Bariloche ins nahe gelegene Villa Catedral. Catedral, da der Ort am Fusse eines großen Felsmassivs liegt, welches wie eine Kathedrale mit vielen Türmen aussieht. Der Bus war so voll mit Tagesausflüglern (und auch ein paar Trekkern), dass er nach unserer Haltestelle gar nicht mehr angehalten hat. Blöd, wenn einer von 3 täglichen Bussen nicht anhält, weil er zu voll ist. Fast wie Bergkirchweih 🙂
Vom Parkplatz ging es einen relaaaaxten fast horizontal verlaufenden Pfad in die Berge.
Vorbei an verbrannten Lenga-Wäldern
Am Horizont ist Bariloche zu sehen.
Besagte Seen im Hintergrund.
Nach 2-3 Stunden gemütlichem Vor-sich-hin-trotten wird es dann schlagartig steiler. In der letzten Stunde Marsch legt man gute 800 Höhenmeter zurück. Der Sandige Pfad windet sich am Bergmassiv des CErro Catedral nach oben in Richtung Regufio Frey. Auf dem Weg kamen uns viele Tageswanderer entgegen die den Rundtrek von der anderen Seite angefangen haben. Faul. Mit dem Sessellift. Und dann unserern Weg nach unten 🙂
Erster Tag geschafft. Das Refugio Frey in Sichtweite…
Das Refugio Frey hat mir seeehr gut gefallen. Im Refugio selbst war ihc zwar nicht drin, aber die Lage und die Stimmung waren genial. Es liegt direkt neben einer Gletscherlagune in einem Gebirgskessel umgeben von tausenden Kletterfelsen. Ich hab einen Kletterführer auftreiben können. Einfach nur genial. Jetzt weiss ich warum Bariloche als das argentinische Mekka für Kletterer bezeichnet wird. Und ich dachte das wäre übertrieben.
Ein pensionierter Kanadier. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass er noch eine größere Rolle in der “Geschichte” spielen würde 🙂
Die Laguna Torcek…
… mit den Ausläufen der Cerro Catedral-Türmen
Tag 2 – Refugio Frey nach Refugio San Martin
Gebirgskessel im Morgengrauen
Ca. 20 Sekunden nachdem ich gestartet bin hab ich Andy kennen gelernt. Ein Engländer, der genau den gleichen Trek machen wollte wie ich. Wir kamen beide aus dem angrenzenden Wald der Lagune (dort gab es mehr oder weniger trockene und ebene Plätze zum Campen) herausmarschiert udn haben uns in einer Y-Kreuzung getroffen. Von da an sind wir dann einfach zusammen weiter gelaufen.
Nach einem guten Stück Kletterei zum Aufwärmen der Blick zurück auf die Lagune.
Immer den roten Punkten folgen…. klingt komisch, ist aber so.
Der Blick auf der anderen Seite des Bergkessels. Im Hintergrund der Nahuel Huapi-See.
Vom Kamm geht es die gleiche Höhe (oder sogar mehr) wieder nach unten. Danach wird ein Tal durchquert und erneut ein Gebirgszug überquert. Alles nach oben und danach wieder nach unten. Am Fus liegt dann das Refugio San Martin.
Andy beim Abstieg – oder besser “Abrutsch”. Teilweise konnte man 10-20 Meter einfach mit den Schuhen auf dem Geröll herunterrutschen. Macht Spaß, tut aber weh, wenn man doch mal das Gleichgewicht verliert 🙂
Der “Rutschweg” mit zu durchquerendem Tal im Hintergrund.
Die Gegend um Bariloche herum ist wie gesagt sehr schön. Auch das Wetter hat gut mitgespielt. In meiner kompletten Zeit in Bariloche (8 Tage glaub ich) hatte ich einen Tag, an dem der Himmel nicht perfekt blau und wolkenfrei war. Und auch an diesem Tag konnte man die Wolken an einer Hand abzählen. Alles schön und gut, das ganze hat aber auch Nachteile. Der größte heisst “Tábanos”. Tábanos (auf deutsch: Pferdebremse) sind die nervigsten und penetrantesten Viecher die ich in bis jetzt erlebt habe. Mit bis zu 2 cm Länge versuchen sie alles um einen armen Wanderer um sein Blut zu berauben. Da sie an die ledrige Haut von Pferden und Kühen angepasst sind, werden sie auch nicht von Tshirts oder Hosen abgehalten. Und das schlimmste ist: Wenn man draufhaut, fliegen sie einfach weiter. Die beste Methode (und ich hab genug Erfahrung damit gesammelt 😀 ), sie zu töten ist folgende:
1. Warten bis sich einer der riesigen Blutsauger auf dem Arm, Bein, Schulter, Nase o.ä. niedergelassen hat
2. Sie sind zwar kräftig, penetrant und widerstandsfähig, aber seeehr langsam. Man hat ca. 2-3 Sekunden Zeit bis der Tabano gemerkt hat, dass er wirklich auf Haut gelandet ist und seinen Stachel in die selbe hineinrammen will
3. Gut ziehlen und weit ausholen
4. Mit aller Kraft möglichst konzentriert auf die angepeilte Stelle schlagen.
5. Vorsichtshalber mit dem Schuh noch 2-3 mal auf den Tabano eintreten, denn normalerweise sind sie nur einige Sekunden paralysiert und fliegen dann weiter
Kaffepäuschen mit israelischem Pärchen auf dem nächsten Kamm.
Von hier geht es “nur noch” berg ab zum am Fuss gelegenen Refugio San Martin. 80 Leute können hier theoretisch schlafen.
Abendessen auf dem angrenzenden Felsen. Der vorher erwähnte und mit Gitarre abgelichtete Kanadier hat sich als pansionierter Bergführer mit 30 jähriger Erfahrung entpuppt. Er, Bernhard, war zusammen mit einer 50-jährigen spanischen Lady, Maricruz, unterwegs um den Trek zu machen.
Maricruz
Der dritte Tagestrek wurde uns von allen abgeraten. Von Informationen á la “nur mit Bergführer möglich” über “Pass ist geschlossen und unpassierbar” bis hin zu “wir empfehlen strengstens diesen Abschnitt nicht zu machen” war alles dabei. Die Alternative: Absteigen durch ein Tal bis zur Staße, 5 km die Straße entlang und dann wieder durch ein Tal nach oben. Uff….
Konrad, mit dem ich auf der Carretera Austral etwas unterwegs war ahtte mir ein paar Tage vorher geschrieben, dass es machbar ist. Von daher wollte ich es zu mindest versuchen. Alleine ist das natürlich immer schlecht. Mit Andy war es genau das gleiche und da Bernhard und Maricruz auch nicht absteigen wollten sind wir am nächsten Tag zu viert gestartet, nachdem wir ein “Vermisstenformular” im Refugio ausgefüllt haben. Dieses muss man nach Ankunft im anderen Refugio einreichen sonst werden die Rettungstrups los geschickt 🙂
Tag 3 – Refugio San Martin nach Refugio Italia
Früh um 8 gings nach kurzem Frühstück los. Angeblich sollten nur die ersten 2 Stunden kritisch sein, der Rest danach ziemlich einfach. Diese 2 Stunden hätten es wohl aber insich. Steiles Klettern um die erste Gebirgskette zu überwinden….
Eine Tatsache, die diesen Abschnitt noch erschwert: Es gibt kaum Markierungen. ANders als vorher gibt es keine roten Punkte (bzw. nur seeeehr verblasst und mit Glück sichtbar). D.h. man kann schnell den Weg verlieren und muss aufpassen wo man landet. Unsere Theorie war, dass sie die Markieung nicht mehr aufgefrischt haben, um den Pass in 1-2 Jahren schließen zu können, zu mindest für die “Öffentlichkeit”
Steinmarkierung, die unter Umständen schwer zu entdecken und zu folgen sind.
Der Cerro Refugio. Besagter 2-Stunden-Kletteraufstieg
Maricruz und Bernhard
Der Grund warum ich mit meinem 5°-Komfortschlafsack in der Nacht ein einziger Eisklotz war. Gefrohrener Boden
Klettern mit 20 Kg Rucksack…. 😀
Oben angekommen wurde es dann aber alles andere als einfach. Geröllfelder, Schneefelder und jede menge steile Hänge die zu überqueren waren.
Bernhard vor dem zu kreuzenden Kessel. Der “Pfad” ging einmal an der Schrägen Bergwand entlang bis nach rechts an den Rand des Bildes. Von dort auf dem Kamm weiter zum Cerro Navidad, dem Weihnachtsberg 😀
Abstandhalten, falls eine Gerölllawine ausgelöst wird. Die Brocken waren teilweise so groß, dass sie ohne jede Mühe jeden Fuß/Knie zu Brei verarbeiten hätten können. Dann wieder kleines Geröll bei dem man unter jedem Schritt einen halben Meter Richtung Tal rutscht.
Fast auf dem Cerro Navidad
Ein kleines Panorama vom Cerro Navidad (mit ein paar Fehlern drin. Hab grad keine bessere Software da für Panoramas, die das besser hinbekommen würde):
(Klicken zum Vergrößern)
Von dort aus wurde es aber nicht einfacher. Ein schwieriger Abstieg nach dem nächsten. Rutschiges Geröll, mehrere hundert Meter lange Eisfelder (Auf den Po setzen und runterrutschen und dabei hoffen, dass kein spitzer Stein unter dem Eis verborgen ist. Den zukünftigen Kindern zur Liebe 😉 )
“Nur noch dieses nette Tal durchqueren und dann am Ende ein steiler Aufstieg zum Refugio (welches im Bild am Ende des Tals schräg links oben auf dem Felsen liegt)”. Pustekuchen. Das Tal war gespickt, von glitschigen Felswänden über Wasserfällen, Schlammbädern bis 25 cm Tiefe, stachelige Wälder und Büsche und jede Menge Tabanos 😀 Im Endeffekt alles andere als relaxtes Laufen 🙂
Andy
Nach weiteren 2-3 Stunden durchs-Gebüsch-schlagen und einem seeeehr steilen Aufstieg zum Refugio hatten wirs dann endlich geschafft. Nach 9 Stunden Fußmarsch (langsam aber stetig 🙂 ) waren wir am Refugio Italia angekommen. Der härteste Tagesmarsch den ich bis jetzt in meinem Leben gelaufen bin. Aber auch mit Abstand der Beste 🙂 Die Mühe hat sich also auf jeden Fall gelohnt
Das Refugio….
Tag 4 – Refugio Italia nach Refugio Lopez
Maricruz und Bernhard hatten beschlossen einen Tag auf dem Refugio Italia zu bleiben und etwas zu entspannen und auszuruhen. Also bin ich am nächsten Morgen allein mit Andy los zum Refugio Lopez, dem letzten wirklichen Abschnitt des Treks. Von dort aus sind es nur noch 2-3 Stunden Abstieg zur “schweizer Kolonie” (Colonia Suiza) von wo ein Bus nach Bariloche fährt.
Refugio Italia mit angrenzender Laguna negra. So negra ist sie gar nicht – eher blau – aber der Name kommt wohl von den angrenzenden Bergen.
Auf der angrenzenden Gebirgskette ging es über die Kämme in ein weites Tal
…um von dort auf den Cerro Lopez aufzusteigen (Im Hintergrund) Der letzte Gipfel der Etape und auch einer der höchsten.
Als wir den Aufstieg gesehen haben dachten wir eigentlich, dass es noch einen anderen Weg geben muss. Der Hang sah dann doch etwas abenteuerlich und steil aus. Einen anderen Weg gibt es aber nicht 🙂 (Die “Steilheit” kommt auf dem Bild leider nicht so rüber…)
Auf diesem schon eher… 🙂
Der Aufstieg…. ziemlich mies. Aussschließlich lose Steinsbrocken. Jeder Schritt war mehr oder weniger ein Schritt ins leere. 2 Meter hoch, 1 Meter zurückgerutscht. Dabei auf die Füße und Hände aufpassen. Festhalten und hochziehen ging auch schlecht. Oftmals hatte ich einfach den Felsbrocken (oder zu mindest das gerade abgebröckelte Stück) in der Hand. Wenn es das Rutschen anfängt, so schnell wie möglich drüber. Gleichzeitig aufpassen, dass man dem Kollegen unter sich keine Gerölllawine entgegenschickt.
War trotzdem cool 😀
Der Ausblick auf dem Cerro Lopez bzw. dem Cerro Turista: Genial. Wie in den vergangen Tagen schon hatten wir perfektes Wetter. Keine Wolke am Himmel und klare Sicht bis zum Horizont.
Der Blick Richtung Bariloche über den Nahuel Huapi See. Die 3 kleinen schwarzen Punkte im unteren Bereich des Bildes sind Tagestourer, die aus Bariloche aufgestiegen sind. Teilweise in Sneakern und mit ner Flasche Wein im Gepäck 😀
Highly-scenic-lunch 😀 Mate, Käse und Tunfisch und im Hintergrund die Seen-Vulkan-Landschaft. Über zwei Stunden waren wir auf dem Gipfel….
teilweise allein, teilweise mit 4-8 anderen
Nette Fotos gemacht 🙂 Dieser “Stuhl” steht einfach auf dem Gipfel. Warum auch immer… 😀
Andy und ich vor dem “Tronador”, dem höchsten Berg der Region, übersäht mit Gletschern.
Noch ein schickes Panorama 🙂
Im Bild zu sehen: der Tronador (der große weisse), Vulkan Osorno (mit seinem perfekten Gipfel) rechts davon, noch ein Vulkan, dessen Namen ich vergessen habe rechts von Osorno und Vulkan Lanin (ganz links im Bilde)
Letztendlich doch der Abstieg zum Refugio. Hatten überlegt oben auf dem Gipfel zu Zelten, aber dann hätten wir am nächsten Tag nicht den Mittags-Bus nach Bariloche bekommen 🙂
Lomo-Sandwich im Refugio nach steiler 2-stündiger Kletterei
Sonnenuntergang über dem Nahuel Huapi See
Tag 5 – Refugio Lopez – Bariloche
Von diesem Tag gibts gar keine Bilder mehr. Einen teilweise sehr rutschigen und steilen Weg gings nach unten ins Tal zur Straße bzw. zur Colonia Suiza. Dort haben wir erstmal eine seeehr leckere “Cerveza artesanal” – ein lokales Bierchen gezischt und sind dann mit dem Bus wieder nach Bariloche gefahren.
Resumé
Ein unerwartet genialer Trek mit vielen schweren Passagen aber absolut genialen Ausblicken. Ich selbst hab sehr viel dabei gelernt (viele Sachen von Bernhard 🙂 ) und mitgenommen (Unter anderem 500 Fotos 🙂 ). Eines der schönsten Flecken Erde die ich bis jetzt gesehen habe.