Hallo liebe Lesergemeinde,
die letzten Tage hier waren echt vielfältig. Sowohl vom Wetter, als auch von der Stimmung als auch von den Ereignissen.
Am Donnerstag hatte ich so ein richtiges Loch. War den kompletten Tag nur zu Hause rumgegammelt, hab schlechte argentinische Soaps geschaut (ja sie haben auch hier das gleiche Programm wie in Deutschland: “Familie Gonzales will nach Europa auswandern. Doch schon am Flughafen muss die fünfköpfige Familie die erste Hürde überwinden. Werden sie es schaffen unbeschadet durch den Metalldetektor zu kommen?” Man kennt das ja), aufm Sofa rumgegammelt und konnte mich einfach nicht aufraffen irgendwas zu machen. Dementsprechend war dann auch meine Stimmung. Mitbewohner waren alle unterwegs und sonst kannte ich einfach noch niemanden mit dem man hätte was machen können. Einfach nur durch die Stadt laufen hatte ich auch keine Lust, weil ich das schon die Tage davor gemacht habe und es außerdem schweinekalt war. Kurz: ich hatte einfach ein echtes Stimmungstief.
Genauso schnell wie es gekommen ist, ist es aber auch wieder verschwunden. Gestern hatten wir “O-Day” an der ITBA, meiner Uni. Das Ganze fing morgens um 9 an und ging bis abends um 18:00 Uhr. Viel Programm war eigentlich nicht, ich fands aber trotzdem richtig geil. Angefangen hat es damit, dass Johannes und ich gleich mal 10 Minuten zu spät kamen, weil die Busse in Buenos Aires einfach manchmal nicht so wollen wie man selber will 🙂 (Mehr dazu unten) Macht aber nichts, die Akademische Viertel Stunde in Argentinien lässt sich unter Umständen auch etwas entspannter sehen 🙂 Nach etwas gepflegtem “Socialising” und einigen Kennelernspielen mit den 30 International Students gings zum Rundgang durch die Uni. Dafür, wie viel die Leute an der ITBA auf ihre Uni halten ist das Gebäude ziemlich krass 🙂
Von vorne sieht es eigentlich ganz schnieke aus, aber von der Seite oder hinten könnte man es nicht von einem Lagerhaus unterscheiden 🙂 Zusätzlich wurden wir beim Rundgang in diverse Ecken geführt, die auch von Innen wie ein Lagerhaus aussehen. Überall altes Zeug, zerstörte Stühle und teilweise viel Schrott. Das Gebäude an sich ist nicht so groß, aber mit eingebautem Fitnessstudio, Computer-Pool, Bibliothek usw doch recht gut eingerichtet.
Nach dem Essen in der “Mensa” (von der Größe her kleiner als unser Update in Karlsruhe) ging es mit einem Touribus von der ITBA erst in den Norden Buenos Aires um dort alle Nördlichen Viertel, Botschaften, Villen von Botschaftern und der weiteren abzuklappern. Zwei Highlights, bei denen der Bus dann auch mal angehalten hat und man nicht nur zum Fenster raus schauen konnte waren zum einen eine riesige Metalblume und zum anderen der Friedhof von Recoleta.
Die Blume ist ein Kunstwerk eines katalanischen Künstlers. Sie wurde gebaut, damit die nördlichen Viertel von Buenos Aires auch ein tolles Denkmal haben, so wie die südlicheren Viertel den Obelisken haben (Bilder unten).

Das Geile an der Blume ist, dass sie hydraulisch beweglich ist und sich bei Nacht komplett schließt.
Zum Friedhof in Recoletta lässt sich auch nur ein bischen was sagen. Ziemlich krasse Sache eigentlich 🙂 Der Friedhof befindet sich nicht wie normal außerhalb der Stadt, sondern mittendrin. Da er nur begrenze Kapazität hat, ist es wahnsinnig teuer hier ein Grab zu bekommen und nur die Reichsten der Reichen können sich das leisten. Viele “vermieten” auch eines der vielen Mausoleen für einige Wochen, um danach den eingelagerten Leichnahm auf den öffentlichen Friedhof zu verschaffen. Hier geht es hauptsächlich um die Tatsache, dass sich eine Familie leisten kann auf diesem Friedhof begraben zu werden. Die Mausoleen gehen teilweise bis zu 7 Stöcke unter die Erde. Neben dem gemeinen Porteno der hier begraben liegt, liegen etwas über 100 historische Persönlichkeiten, deren Gräber sogar gesetzlich geschützt sind. Ein wichtiges Grab ist das von Eva Peron “Evita” die Frau des ehemaligen Präsidenten Juan Peron, die in Argentinien eine riesige Anhängerschaft hatte und hat. Im Lonely Planet steht “to find Evitas grave just follow the people”, und so ist es auch 🙂

So kann man sich den Friedhof vorstellen. Hatte leider keine Kamera dabei.
Danach ging es noch in das südlichste Viertel der “Innenstadt”, La Boca. Hier ist der ehemalige Hafen um den Buenos Aires herum gebaut wurde. Kleine Anekdote dazu: Buenos Aires hieß nicht immer Buenos Aires. Der Hafen hieß Buenos Aires, die Stadt neben dran hieß “La Santísima Trinidad”. Dadurch dass die Stadt aber niemanden interessiert hat, der Hafen dafür umso wichtiger war, hat sich der Name irgendwann etabliert. Der Hafen jetzt ist allerdings viel zu klein und völlig versandet. In den Hafenvierteln wird zwar Sand aus dem Hafenbecken gepumpt und zu Zement verarbeitet, aber angeblich kostet das ausgraben des Beckens mehr, als die komplette Neu-errichtung.
Nach der kleinen “etwas” touristischen Sightseeingtour ging es wieder zurück zur Uni und dort hat sich das Ganze dann aufgelöst. Während des Tage hatte man aber viele Gelegenheiten mit den andern Leuten ins Gespräch zu kommen. Es sind überdurchschnittlich viele Franzosen beim Austausch beteiligt. Ca 10-12 Stück denke ich. 5 Deutsche (1 Karlsruhe (ich), 5 von der TUM) und sonst aus Mexiko, USA, Italien, Spanien, Schweden, HOlland, Finnland…. ja das wars. WIr hatten uns alle für abends verabredet zum weggehen. Abends in Buenos Aires heißt aber nicht etwas 8 oder 9 wie es in Deutschland war, sondern 12 uhr Nachts. Dann geht man erst mal gemütlich 2-3 Stunden was trinken und dann irgendwo tanzen o.ä. Die Meisten Clubs werden erst gegen 2-3 langsam voll und leeren sich gegen 6-7 Uhr morgens oder sogar noch später (so viel Vergleichmöglichkeiten hab ich noch nicht, wurden nur heute morgen um 6 Uhr rausgeschmissen 🙂 )
Die Austauschstudenten sind alle ziemlich witzig. Untereinander versucht man möglichst Spanisch zu reden, wenn das stockt oder mal ein Wort fehlt, schwenkt man eben auf Englisch oder – in seltenen Fällen – auf Deutsch um. An sich war es aber sehr geil und ich fühl mich allein von gestern um einiges sicherer in meinem Spanisch. Bei der Kurswahl haben auch alle die gleichen Probleme. Jeder versucht sich Sachen anerkennen zu lassen und hat die gleichen Scherereien mit den Profs in der Heimatuni.
Die meisten der Leute bleiben allerdings für 1 Jahr also zwei Semester….. ich muss sagen ich bin ja auch am überlegen…. 🙂
Soweit erst mal hierzu, jetzt noch ein paar Infos über Buenos Aires an sich:
Kleingeld
Kleingeld, also Münzen, ist echte Mangelware in Buenos Aires. Um mit der Ubahn (Subte) oder dem Bus (Colectivo) fahren zu können braucht man 1,10 $ Pesos, umgerechet etwas 20 Cent. Man steigt ein und kann im Prinzip so lange fahren wie man will. Trotzdem muss man die 1,10 erst mal haben. Dadurch, dass es 2-Peso-Scheine gibt und die Beträge meistens rund sind, ist es echt schwer an Kleingeld zu kommen. Die Geschäfte und Läden an sich rücken auch sehr ungern Münzen raus und fragen manchmal, ob sie aufrunden dürfen und die Münzen behalten können. Alejandro hat mich zum Glück mit einem Grundstock an Münzen ausgestattet, für den Anfang 🙂
Preise
Die Preise sind hier unten bei den meisten Sachen einfach nur göttlich. Obwohl man beim Einkaufen um Supermarkt auch schnell mal 20 Euro liegen lässt, sind ein paar Sachen einfach unschlagbar billig. Ein Liter (!) Bier im Supermarkt kostet hier knappe 3 Pesos, etwa 80 Cent. 😀 Da kommt dann gerne mal sowas bei raus:

Gestern gabs bei uns in der WG Bife de Chorizo, das wohl geilste Fleisch der Welt. 3 riesen Stücke (so riesig, dass ich von einem satt werde) kostet im Supermarkt 16 Pesos, umgerechnet knapp 3 Euro. Da versteht man dann schon, warum die Argentinier teilweise jeden Tag, wenn nicht sogar mehrmals am Tag, Fleisch essen.
Futbol
In BsAs gibt es zwei extrem verfeindete Fußball Teams. Die Boca Juniors und River Plate. River Plate ist der Verein, der sein Stadion in den nördlicheren Vierteln von BsAs hat, und auch dort seine Anhänger. Das Staion von Boca Juniors ist in La Boca im Süden. Die Feindschaft der beiden Teams ist wirklich krass. Ich will unbedingt mal zu einem Spiel, was an sich nicht so leicht ist, das es sehr schwer ist Tickets zu bekommen. Bei Boca Juniors etwa kommen auf 50 000 Plätze im Staidion 1 000 000 Fans. Das ganze steigert die Aggresivität dann wohl noch mehr, da die radikalen Fans unbedingt ins Stadion wollen. Auf jeden Fall sollte man wissen wo man sich hinstellen darf und wo nicht und auf keinen keinen keinen KEINEN Fall die Farben des Gegnerischen Teams tragen. Die Farben-geschichte geht so weit dass am Stadion von Boca Junior statt dem bekannten rot-weißen Coca Cola Sponsor Logo das Logo in weiß auf Schwarz gedruckt ist. Rot und Weiß sind die Farben von River Plate. 😀
Da sieht man mal wie krass das doch ist. Zusätzlich ist das komplette Viertel in den Farben von Boca Juniors “gefärbt” Fast alle Schilder, Haustüren oder ähnliches besteht aus Gelb und Blau.
Verkehr
Der Verkehr ist einfach nur geil. Ampeln sind an sich etwas für den Arsch, da sich nicht alle Autofahrer immer unbedingt daran halten. Fußgängerampeln gibt es an manchen Stellen gar nicht, hier muss man sich dann nach den Autoampeln richten. Auf vielen Straßen gibt es auch gar keine Spuren, und wenn, dann werden sie einfach neu verteilt. Dann fahren auf 2 Spuren eben einfach mal 3 Autos und 4 Motorräder :). Kurz gesagt: es geht richtig ab. Wenn man zu Fus unterwegs ist muss man sich wirklich gut umschauen, dass man nicht von einem Motorrad, Taxi oder Bus über den Haufen gefahren wird. Die Busse sind dabei noch die krassesten. Die heizen mit 50-80 Sachen durch die Straßen ohne Rücksicht auf Verluste, so dass man ab und zu schon mal springen muss 🙂 Ich war und bin immernoch am überlegen, ob ich mir ein Rad besorge, aber ich glaube es ist schon ein bisschen Selbstmord 🙂 Es gibt zwar relativ viele Fahrradfahrer, aber man muss sich echt umschauen.
Taxifahren ist auch ein Highlight und immer für einen kleinen Adrenalinschub zu haben. Es kostet zwar fast nichts (vom einen Ende der Stadt ins andere vielleicht 18 Pesos – 3,50 EUR. Sicherheitsgurte haben aber die wenigsten 🙂
Vielseitigkeit
Buenos Aires ist wahnsinnig vielseitig. Man geht in eine Straße und denkt, man befindet sich am anderen Ende der Welt. heruntergekommene Häuser, Ruinen und dreckige, enge Läden. Penner schlafen auf der Straße zugedeckt mit Zeitungen, Decken und Müll. Ein Penner wäscht seine wenigen Kleider in einem kleinen Abwasserrohr im Randstein.
Man geht um die Ecke und vor einem steht das größte Shopping Center Buenos Aires. Alle Geschäfte in dieser Straße sind von “oberster Güte”. Dolce Gabana, Lacoste, Polo. Die Leute laufen bepackt mit Einkaufstüten von einem Geschäft ins andere. Schnieke Cafes, Kiosks, Konfiserien und der gleichen. Macdonalds im Shopping Center und noch mehr teure Einkaufsläden. Das Abwasser aus dem Starbucks laden fließt direkt in die Nebenstraße wo die Kleider schon zum Trocknen hängen…
Überall in der Stadt gibt es Einkaufsläden. Die Stadt ist sozusagen ein einziger Einkaufsladen. Es gibt zwar eine Fußgängerzone mit Shopping malls in der Innenstadt, aber auch noch 30 Minuten Zugfahrt außerhalb des Microcenters gibt es in jeder Straße Geschäfte. Überall Schuhläden, Klamottenläden, Kiosks etc… wie gesagt. Mal teurer mal weniger teurer….
So, genug gelabert, hier noch ein paar Bilder aus den letzten Tagen.

9 de Julio, (ehemalig?) breiteste Straße der Welt

Calle Florida – Fußgängerzone


Das “casa rosada” – Rosa Haus. Regierungssitz von Christina Kirchner, der Präsidentin. Davor ein paar der sehr sehr vielen Demonstrationsplakate zu sehen. Das Bild ist vom Plaza de Maye aus fotografiert. Der Platz ist wie schon geschrieben bekannt für die “Madres del Plaza de Mayo”, die gegen die Verschleppungspolitik der argentinischen Regierung demonstrierten bzw. immer noch tun. Hier wird eigentlich jeden Tag gegen irgendwas demonstriert 🙂

Gewöhnliches Verkehrschaos auf der 9 de Mayo.



Das 1€ Steak 🙂

Und mit Beilagen 🙂

Dinner aufm Balkon 🙂

Eines der öffentlichen Krankenhäuser ^^ Sieht eher wie ein Zerbombtes Haus aus…

Großes Shoppingcenter im Westen BsAs. Hier gibt es ein komplettes Stockwerk nur für Kinder. Mit eigener Eisenbahn, die durch das komplette Stockwerk fährt, eigenes Mini-Riesenrad und unendlich riesigem Ballparadies 🙂

In einem der “berühmtesten” Cafes Buenos Aires. Eigentlich ist jedes Cafe das berühmteste. Kommt nur auf den Reiseführer an 😉
So prickelnd wars nun nicht….

In der SUBTE (Ubahn) zurück nach Hause. Eine Fahrt kostet hier 1,20 Peso, etwa 20 Cent. Man kann so lange fahren wie man will und an manchen Stationen sogar umsteigen bzw die Fahrrichtugn wechseln, ohne erneut zahlen zu müsen… Ich sag nur “Strabaparty, Strabaparty, hey, hey!” 🙂

Rumprobieren mit Vince’s Teleobjektiv. Unser Balkon.

Das geilste Haus, das ich bis jetzt in BsAs gesehen hab. Man könnte auf Regierungssitz, Parlament oder Botschaft tippen, aber nein es ist der weltberühmte Palacio de las aguas… 😀
Haut rein und viel Erfolg bei den Klausuren (für die, die noch welche schreiben)
Gauch-Bo